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BDSMedizin - Schmerzwahrnehmung und -deutung im Zeitenwandel

*******ead Mann
209 Beiträge
Themenersteller 
BDSMedizin - Schmerzwahrnehmung und -deutung im Zeitenwandel
Es imponiert immer, wenn Dinge, die in unserer Gesellschaft als vermeidungs- oder gar verabscheuungswürdig gelten und dementsprechend dann auch im Rechtssystem unserer Gesellschaft Berücksichtigung finden, anderenorts in der gleichen Gesellschaft aber völlig anders bewertet werden.
Man kann heute erfolgreich die Mitarbeiter unseres Gesundheitssystems auf Schmerzensgeld verklagen, wenn man z.B. nach einer Operation Schmerzen erleiden mußte. Vor einigen Jahren wurde das noch als "zur Operation gehörig" akzeptiert und in manchen kirchlichen Häusern sogar die Meinung vertreten , dass Schmerz eine Prüfung oder gar Strafe Gottes sei.
Der Umgang mit Schmerzen ändert sich also laufend in unserer Gesellschaft; so wurden z.B. im Mittelalter Hinrichtungen besonders qualvoll vollzogen, indem man den Delinquenten unter größten Schmerzen peu á peu die Haut in Streifen abzog. Dabei beobachtete man allerdings auch, dass die Schmerzschreie nach einiger Zeit in ein "Rausch-Lachen" übergingen, was seinerzeit als finaler Beweis für die Komplizenschaft des Todeskandidaten mit dem Teufel galt.
Heute wissen wir, dass dieses Lachen auf eine überschießende, körpereigene Endorphinausschüttung zurückzuführen ist, womit sich auch dieser euphorische Rauschzustand erklären läßt.
Darüber hinaus wissen wir, dass die Schmerzwahrnehmung auch sehr stark von der ethnischen Zugehörigkeit und der sozialen Prägung beeinflußt wird. So findet es beispielsweise heute in unserer Gesellschaft viel positive Beachtung, wenn ein Mensch sich an einem Triathlon beteiligt und ohne Pause und direkt hintereinander 3,86 km schwimmt, 180 km Fahrrad fährt sowie ca. 42 km Marathon läuft und das in etwa 8,5 Stunden oder mehr. So ein Mensch schindet seinen Körper, nutzt alle Reserven und erträgt und erduldet zum Teil stärkste Schmerzen, zu die ihn niemand zwingt. Warum macht er das ?
Weil er dadurch eine Bestätigung seiner selbst, eine tiefe Befriedigung für seine erbrachte Leistung und natürlich Anerkennung erfährt. Die Schmerzen und teils auch Verletzungen, die er oft noch tagelang danach spürt, nimmt er dafür nicht nur in Kauf, sondern geben ihm auch ein nachhaltiges positives Gefühl, das er nicht missen möchte - im Gegenteil : manche werden förmlich süchtig danach.

Nun aber gibt es - vor allem hier - Menschen, die sich Schmerzen zur Auslebung ihrer Sexualität wünschen- ja brauchen. Das aber läßt sich mit der oben beschriebenen körpereigenen Endorphinausschüttung und der damit verbundenen (überschießenden) angenehmen Wirkung nicht mehr alleine erklären, das hat mit komplexen mentalen Bedürfnissen und deren Befriedigung zu tun. Dabei ist ganz wesentlich, das unser Körper sehr genau zwischen Lustschmerz auf der einen Seite und Verletzungs- oder gar Todesschmerz auf der anderen Seite unterscheiden kann.
Wenn sie allerdings ihrer Neigung nachgehen, dann können diese Menschen das nicht öffentlich tun, weil das in unserer Gesellschaft als "pervers" gilt. Dabei unterscheiden sie sich eigentlich nicht vom o.g. Triathleten, dessen Tun dann eigentlich auch als "pervers" von dieser Gesellschaft bewertet werden müßte.
Es hängt also nur davon ab, wie eine Gesellschaft aus religiösen, ethischen oder moralischen Gesichtspunkten heraus bestimmte Dinge zu einem bestimmten Zeitpunkt beurteilt bzw. bewertet.
Vor 100 Jahren zum Beispiel galten Homosexuelle als widernatürlich und somit als "pervers". Heute werden gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht nur akzeptiert, nein - sie werden sogar von staatlicher Seite den klassischen Ehen gleichgestellt und gelten somit als normal.
Und wenn der Triathlet in unserer Gesellschaft als normal und somit nicht als "pervers" gilt, dann müßte dies auch für alle gelten, die ihrer BDSM-Neigung folgen. Nur können sie nicht auf die Akzeptanz unserer Gesellschaft warten - so gesehen sind sie also ihrer Zeit voraus !
Leben tun sie aber heute ...... *gruebel*
****ah Frau
334 Beiträge
pervers wird es nur, wenn du niemanden mehr findest der mit macht!
*knicks* danke für deinen interessanten Beitrag und über was wollen wir jetzt plaudern?

Papillion2015
*****usB Mann
3.543 Beiträge
Sehr gut abgefasst..
...Deine Frage...gibt im Grunde nichts anzufügen, Du stellst ja auch keine Frage an alle ..

Ich denke in unsren nach wie vor vorhandenen, tierischen Instinkten ist auch - wie bei anderen Spezies - eine gewisse Konsequenz eingelagert, die erlebt werden will auf der einen oder anderen Seite.

In welcher Ausprägung ist individuell. Wenn sie Zwei zusammen finden, Spass haben, sich wohl fühlen, dürfen die gerne alles tun was sie wollen. Unter Erwachsenen.
*******dor Mann
5.912 Beiträge
...
tl;dr
Worum geht 's ?
Der Artikel ist sehr fein verfasst und steht für sich.
Da gibt es eigentlich nichts hinzu zu fügen. Leben und weiter machen.
****000 Mann
18.990 Beiträge
Ich darf mal (passende) Schleichwerbung machen?

Die Redseligen - Ausgabe 6
Froiiide ...
*********mpire Frau
606 Beiträge
Lückentext
Sorry, mir klaffen hier vom Mittelalter zur Moderne ein paar zuviele Lücken, was das mit den Schmerzen angeht, sowohl soziologisch, wie auch psychologisch betrachtet.

Den mittelalterlichen Flagellanten war z.B. bekannt, dass das Schmerzempfinden Rauschzustände auslöst, den Konzentration steigert etc.. Schmerzen als Selbstheilung, Selbsterlösung --> gleichzeitige Negierung und Affirmation der Körperlichkeit <-- näher zu Dings mein Gott. Veilleicht von der Seite mal schauen?

Gern Haue auch als Kur gegen Melancholie und für besseren Durchfluss der Säfte, das kann man sich auch mal genauer anschauen. 12. - 17. Jahrhundert

Regelrechte Flagellationsbordelle, in der junge Damen den Umgang mit der Rute possierlich erlernen konnten (wir hüpfen hier elegant mal ins 18. Jahrhundert). Die Sucht nach der Rute wurde als "englisches Laster" bezeichnet, allerdings erst win wenig später.

Die Pathologisierung des Ganzen ist neu und jetzt eben auch schon wieder erledigt.

Literaturempfehlungen gibt es dann auf Wunsch und natürlich beim Stammtisch.
*******ead Mann
209 Beiträge
Themenersteller 
Intention meines Beitrages war nicht,
eine lückenlose Aufzählung von Schmerzen, Schmerzarten und deren zeitgenössische Deutung vom Urknall bis heute, sondern beispielhaft zu belegen, dass Schmerzen

• vom Betroffen unterschiedlich wahrgenommen werden;
• vom Betroffenen nicht immer vermieden, sondern aufgrund bestimmter Neigungen sogar erwünscht sind;
• und ihre Einordnung von religiösen, ethnischen und sozialen Faktoren geprägt sind;
• und Ihre Einordnung den Moralvorstellungen einer jeweiligen Epoche unterliegen;

in ihrer Wahrnehmung und Deutung eben einem Wandel durch die Zeit unterliegen !

*genau*
Froiiide ...
*********mpire Frau
606 Beiträge
Das genau wage ich zu bezweifeln, es ist eine Frage der Position. Wenn schon in frühester Zeit bekannt war, dass da hormonell eine Menge abgeht, dann ist diese Erkenntnis doch bis heute keine andere? Religiöse Ekstase ist heute dann eben ein Runners High, aber an den Fakten, wie es dazu kommt, hat sich kaum etwas geändert.

Rutenhiebe "fachen das Feuer der Wollust an ..." schrieb ein Herr Meibon um 1670 vielleicht, da scheint sich so viel im Zeitenwandel nicht getan zu haben?

Wen genau und warum da was entfacht wird, das wäre interessant zu wissen, aber auch daran hat sich im Wandel der Zeit nicht so ganz viel geändert, außer dass die, die wir heute als Sensation Seeker bezeichnen, damals vielleicht Abenteurer, Libertins, asketische Spinner oder, Dings bewahre, Nonnen waren.
*******ead Mann
209 Beiträge
Themenersteller 
An den Fakten, wie es zu Schmerzen kommt und
wie der Körper grundsätzlich darauf reagiert, hat sich medizinisch-physiologisch natürlich nichts geändert, wobei Hormone erst Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt bzw. nachgewiesen wurden.

Und natürlich hat es auch immer schon den Lustschmerz (der inhaltlich vom Vernichtungs- oder Todesschmerz abgegrenzt werden muß) gegeben, geändert hat sich aber die Deutung bzw. Bewertung durch diejenigen, die Lustschmerz empfinden, aber auch durch diejenigen, die zu allen Zeiten für eine soziale Gemeinschaft festleg(t)en, was gut oder schlecht bzw. normal oder pervers ist.
Und daraus ändert sich auch für viele die eigene Wahrnehmung von Lustschmerzen, wenn sie heute wissen, dass sie eben mit ihrer Neigung normale Menschen und eben keine Perversen sind !

*genau*
Froiiide ...
*********mpire Frau
606 Beiträge
Pervers ...
Mann, das ist ein Schild, dass wir uns selber als Subkultur nur zu gern angeheftet haben, um uns eben abzugrenzen, als (im rechtlichen und medizinischen Sinne) pervers gilt der BDSMer schon lange nicht mehr. Hat er übrigens auch nicht, siehe die Kultur der Falgellanten, die Disziplinarstrafe in englischen Internaten bzw. einige der etwas weniger populären Ideen von Freud und Konsorten.

Pervers, das war anders (deviant, ein sehr interessanter Begriff hier). Wenn die alten Recken des BDSM sich mal wieder tummeln, kannst Du gern zuhören, da ist in den Kellern des XY Etablissements noch das Blut bis an die Wände gespritzt, heutzutage ... alles nur Popoklatscher.

Heutzutage sabbern sie nach SoG2 oder 3 oder was auch immer im Kino und die "me too" Produkte nebst literarischem Würfelhusten werden vergnügt durchs Dorf getrieben.

Da hänge ich mich bei Vorschreiberin an "pervers ist erst, wenn keiner mehr mitmachen will" feddich.

Will zusammenfassend sagen: ganz so doll viel hat sich da nicht geändert, aber auf der Sau reite ich ja seit drei Beiträgen herum. Wenn ich dabei zurückschraube, dann war es in früheren Zeiten weitaus salonfähiger als bis vor ein paar Jahren, aber wie Modetrends, es kommt alles irgendwann wieder.
Schmerzwahrnehmung
Hallo shadowhead,
Deiner Abhandlung über Schmerz ist im Grunde nichts hinzu zufügen, auch kommen mir einige Textpassagen durchaus aus anderen,mehr wissenschaftlichen Abhandlungen aus der Psychologie recht bekannt vor.
Im Kontext dieser Ausführungen geht es doch im allgemeinen darum, wie die menschliche Psyche mit Schmerz in den unterschiedlichsten Situationen umgeht.. .die psyche als Kommunikator zwischen Körper und Gehirn ???
...Nur stelle ich mir die Frage,was du im einzelnen mit deinem Beitrag sagen möchtest? ?...Inhaltlich denke ich,dürfte(sollte)es den meisten bekannt sein,wenn man bedenkt,das wir hier in einem Form sind,welches "Schmerz" in den unterschiedlichsten Variationen diskutiert
Interessante Abhandlungen darüber findet man zb. bei Spektrum.de oder arbeiten zum Thema Wahrnehmungen von Rainer Mausfeld
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